Welches Konzept von „Kultur“ legen wir eigentlich zugrunde, wenn wir von Kulturwissenschaften reden und wenn wir kulturwissenschaftlich arbeiten? Das Forschungsseminar wird im 1. Teil eine überblicksartige Impulsvorlesung zu den wichtigsten neueren Kulturkonzepten bieten (u.a. Kultur als Text, Kultur als Performanz, Kultur als Übersetzung) und die Entwicklung der Kulturreflexion kritisch verfolgen: ihre Veränderung von einem eher holistischen Verständnis von Kultur als Bedeutungszusammenhang und Identitätsbildung hin zu einer zunehmenden Pluralisierung der Kulturen sowie zu differenzbewussten, essentialismuskritischen Kulturkonzepten, wie sie gegenwärtig überwiegen (Kultur als Hybridisierung und Prozess des Aushandelns von Differenzen).
Im 2. Teil des Forschungsseminars, der Diskussion kurzer, provozierender Textausschnitte, sollen die vorliegenden Kulturkonzepte auf ihre Tauglichkeit geprüft werden – nicht zuletzt in Bezug auf die eigene Arbeit. Aber auch die Grenzen von „Kultur“ als einer immer stärker ausufernden Analysekategorie sind dabei kritisch in den Blick zu nehmen (ausgehend von der Problematik des Kulturalismus, d.h. der Fixierung auf eine kulturelle Interpretation auch solcher Problemfelder, die auf einer ganz anderen Ebene liegen). Provozierend und für die eigene Positionierung wichtig sind aber auch die gegenwärtigen Debatten um Kultur statt Gesellschaft, um die Aus- oder Einblendung von Macht in die Kulturanalyse und nicht zuletzt um die Abwendung vom Kulturbegriff überhaupt. Da Kultur bekanntlich nicht nur Untersuchungsobjekt ist, sondern auch die Art und Weise der Untersuchung bezeichnet, ist für jedes kulturwissenschaftliche Arbeiten die Auseinandersetzung mit dem (eigenen) Kulturverständnis unverzichtbar.
In einem 3. Teil besteht die Gelegenheit, gezielt Problempunkte und Fragen zu diskutieren, die von den TeilnehmerInnen vorher eingereicht worden sind.
Diese Veranstaltung ist ein Special Event der Vortragsreihe "Kulturtheorien der Gegenwart". Diese stellt sowohl die klassischen als auch die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Kulturtheorien vor und bietet damit eine theoretische und ideengeschichtliche Grundlage für gemeinsame Forschungen und Projekte im Rahmen des universitären Forschungsschwerpunktes „Kultur- und Deutungsgeschichte Europas“ an der Universität Graz. Ziel der Reihe ist es, interdisziplinäre Diskussionen im Forschungsbereich „Kulturtheorien und Methoden“ anzuregen und theoretisch zu untermauern.
Eingeladen sind alle am Forschungsschwerpunkt Beteiligten sowie alle, die an den Kulturtheorien Interesse haben.
Zeit und Ort: Donnerstag, den 10.05.2012 von 14:00 - 18:00 Uhr
RESOWI, Bauteil G2, SZ 15.22
Kontakt und Anmeldung:
Center for Inter-American Studies
Barbara Ratzenböck
barbara.ratzenboeck(at)uni-graz.at
Anmeldeschluss: 05.05.2012
